Vorstellung des Deutschland-Index der Digitalisierung 2023
Vorstellung des Deutschland-Index der Digitalisierung 2023
Mittwoch, 21.06.2023, 10:30 - 11:30 Uhr
Auf dem 9. Zukunftskongress Staat & Verwaltung,
WECC - Westhafen Event & Convention Center, Westhafenstraße 1, 13353 Berlin
Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Kompetenzzentrums Öffentliche IT kamen am 10. Oktober 2023 Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Verwaltung im Fraunhofer ENIQ auf dem EUREF-Campus zusammen, um gemeinsam über Möglichkeiten eines nachhaltigen Wissenstransfers zu diskutieren.
Verpasst, vergessen, gescheitert. Mit dem Auslaufen der Frist Ende 2022 zur Digitalisierung von 575 von Bund, Ländern und Kommunen angebotenen Verwaltungsleistungen wurde hart abgerechnet. Diese Kritik verkennt jedoch aktuelle Dynamiken. Im aktuellen Deutschland-Index der Digitalisierung, der alle zwei Jahre erscheint, zeichnet sich eine sprunghafte Entwicklung ab. Die Ergebnisse der Studie präsentierte ÖFIT erstmalig auf dem Zukunftskongress Staat & Verwaltung am 21. Juni 2023 in Berlin. Überreicht wurde die Studie an Dr. Markus Richter, Staatssekretär im Bundesinnenministerium und CIO des Bundes, der sich über die Erweiterung des Angebots an Onlineverwaltungsleistungen sichtlich erfreut zeigte.
Dynamisch digitalisieren – Deutschland-Index 2023 offenbart Fortschritte bei der Verwaltungsdigitalisierung
Insgesamt beleuchtet der Deutschland-Index der Digitalisierung 2023 über 60 verschiedene Indikatoren, die den Stand und die Entwicklung der Digitalisierung in Deutschland in den Bereichen Infrastruktur, Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft abbilden. In seinem Grußwort zur Präsentation des Index stellte Staatssekretär Dr. Markus Richter fest: »Wir stehen noch nicht da, wo wir stehen wollen.« Gleichzeitig zeige der Index aber, dass es gerade im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung enorme Fortschritte gegeben habe.
Die Leitfrage der Studie in diesem Jahr zielte auf die Nutzung des Angebots an Onlineverwaltungsleistungen und die Möglichkeiten, den Zugang für alle Bürger:innen gleichermaßen zu gewährleisten. Dabei freute den Bundes-CIO, »dass eine Mehrheit der verfügbaren Onlineverwaltungsleistungen positiv bewertet wird. Jetzt gilt es, die Dynamik bei der digitalen Transformation der Verwaltung aufrechtzuerhalten.« Die Nachnutzung von entwickelten Lösungen und somit die Verfügbarkeit in der Fläche sollte jetzt immer mehr in den Fokus rücken. Dabei könne er sich auch vorstellen, dass Aufgaben an den Bund zurückfallen bzw. (voll-)automatisierbare Verfahren zentral vollzogen werden könnten, so Richter. Als Beispiel nannte er die Kfz-Zulassung, bei der keine Ortskenntnis oder lokaler Kontakt erforderlich sei und bei der, wenn es nach ihm ginge, sogar auf den Medienbruch durch ein haptisches Kennzeichen verzichtet werden könnte.
In der anschließenden Präsentation der zentralen Ergebnisse des Deutschland-Index der Digitalisierung 2023 erläuterte die stellvertretende ÖFIT-Leiterin Nicole Opiela, dass hinter den Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen diesmal Nordrhein-Westfalen und Hessen die höchsten Indexwerte verzeichnen. In Bezug auf das Schwerpunktthema, die Nutzung von Onlineverwaltungsleistungen, komme es auch auf das generelle Onlineverhalten an, während sich bei der Nutzung von Verwaltungsleistungen insgesamt Faktoren wie ein höheres Einkommen oder eine höhere Bildung förderlich auswirkten. Hierdurch böten Onlineverwaltungsleistungen die Chance, Hürden gerade auch für die Menschen abzubauen, die aufgrund ihrer Bildung oder ihres Einkommens generell schwerer den Zugang zur Verwaltung fänden. Weitere Ergebnisse des Deutschland-Index der Digitalisierung 2023 finden Sie übersichtlich aufbereitet und mit fundierten Analysen ausgestattet auf unserer Website zum Download.
In der folgenden Podiumsdiskussion diskutierten Staatssekretär Dr. Richter, ÖFIT-Leiter Prof. Dr. Peter Parycek, Sabine Möwes, Leiterin der Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Köln, und PD Dr. Sönke E. Schulz, Geschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Landkreistags, unter der Moderation von Alinka Rother (ÖFIT), wie sich die erkennbar gewordenen Digitalisierungsfortschritte fortschreiben lassen.
Für ÖFIT-Leiter Parycek zeigten die Zahlen des Index deutlich, dass »digital only« schon heute machbar sei. Man könne jetzt damit anfangen, erste Schritte zu einem ausschließlich und vollständig digitalen Verfahren zu unternehmen. Es spreche nichts dagegen, die Onlineprozesse vor Ort mit menschlicher Hilfestellung an einem Terminal zu unterstützen. Wichtig sei aber, dass man durch die ausschließlich digitalen Prozesse Echtzeitdaten über die Nutzung generieren könnte, mithilfe derer sich die Anwendungen weiterentwickeln und nutzerfreundlicher gestalten ließen. Dafür und allgemein brauche es digitaltaugliche Gesetze, die die technische Ebene direkt mitdächten. Einen Digitalcheck hielte er deshalb für besonders geeignet, um die digitale Verwaltung zu ermöglichen.
Sabine Möwes erklärte, grundsätzlich seien die Digitalisierungsfortschritte erfreulich. Es brauche aber auch eine Überprüfung der Prozesse an sich und eine verschlankte Gesetzgebung, um sicherzustellen, dass diese verständlich blieben. In Bezug auf den »digital -only«-Ansatz nahm sie eine kritischere Haltung ein. Hier spiele Teilhabe und Unterstützung der Bürger:innen eine bedeutsame Rolle. Verfahren rein digital zu vollziehen könne dazu führen, dass man einige Menschen verlieren würde. Man müsse weiterhin auch analoge Zugangswege zur Verfügung stellen.
Schulz betonte, dass jetzt die Nachnutzung der entwickelten Onlineverwaltungsleistungen entscheidend sei, um die Dynamik aufrechtzuerhalten. Dabei sollten die Kommunen auch in anderen Bundesländern nach Lösungen suchen und versuchen einzusetzen. Die klassischen EfA-Leistungen (Einer für Alle) könnten dabei um andere kommunal erstellte Lösungen ergänzt werden. Darüber hinaus müssten Prozesse Ende-zu-Ende digitalisiert werden. Hier sei es ebenfalls wichtig, dass nicht jeder das Rad wieder neu erfinde, sondern dass Kommunen sich an einheitlichen Basisstrukturen bedienen könnten. Dafür müsste klar sein, welche Basisinfrastruktur wie bspw. die BundID als Grundlage diene.
Staatssekretär Richter unterstützte den Ansatz einheitlicher Standards, wie im Bereich der Identifikation. Es ergebe keinen Sinn, dass jede Kommune für solche grundlegenden Systeme eigene Ideen entwickle. Dafür brauche es aber auch den Mut, andere bestehende Systeme abzuschalten. Die einheitlichen Lösungen müssten nicht zwangsläufig durch den Bund vorbestimmt werden, sondern könnten z. B. unter den Ländern koordiniert werden. Nicht zu vernachlässigen sei dabei auch, dass die Lösungen die Anzahl der Klicks für die Nutzer:innen so weit wie möglich reduzierten, um diese in der Bedienung einfach und übersichtlich zu halten.
ÖFIT-Leiter Parycek, angesprochen auf das OZG-Änderungsgesetz, erklärte, er halte die Entwürfe für vielversprechend. Sie umfassten ein Gros der in den letzten Jahren auch im Digitalrat der Bundesregierung ausführlich diskutierten Themen, die als Hebel bei der digitalen Transformation wirken könnten. Er unterstütze die Vorgehensweise, wenig genutzte Dienste abzuschalten. Wichtig sei es vor allem, auf Nutzerfreundlichkeit der entwickelten Lösungen zu achten und sich nicht ausschließlich auf Sicherheit bei der Entwicklung zu fokussieren. Deswegen sei es wichtig, das Gesetz voranzubringen und es nicht durch zu viele Bedenken abzuschwächen.
Abschließend sagte Richter, für ihn seien die Zahlen eine klares Aufbruchssignal. Er selbst spüre bei seinen Besuchen vor Ort das Engagement in der Verwaltung zusammen mit Nutzer:innen in Bewegung bringen würden. Das gäbe das deutliche Signal: »Jetzt erst recht!«