5G
5G
- Autorinnen / Autoren:
- Jens Tiemann
- Zuletzt bearbeitet:
- Juli 2017
- Titel:
- 5G
- Trendthema Nummer:
- 41
- Herausgeber:
- Kompetenzzentrum Öffentliche IT
- Titel der Gesamtausgabe
- ÖFIT-Trendschau: Öffentliche Informationstechnologie in der digitalisierten Gesellschaft
- Erscheinungsort:
- Berlin
- Autorinnen und Autoren der Gesamtausgabe:
- Mike Weber, Stephan Gauch, Faruch Amini, Tristan Kaiser, Jens Tiemann, Carsten Schmoll, Lutz Henckel, Gabriele Goldacker, Petra Hoepner, Nadja Menz, Maximilian Schmidt, Michael Stemmer, Florian Weigand, Christian Welzel, Jonas Pattberg, Nicole Opiela, Florian Friederici, Jan Gottschick, Jan Dennis Gumz, Fabian Manzke, Rudolf Roth, Dorian Grosch, Maximilian Gahntz, Hannes Wünsche, Simon Sebastian Hunt, Fabian Kirstein, Dunja Nofal, Basanta Thapa, Hüseyin Ugur Sagkal, Dorian Wachsmann, Michael Rothe, Oliver Schmidt, Jens Fromm
- URL:
- https://www.oeffentliche-it.de/-/5g
- ISBN:
- 978-3-9816025-2-4
- Lizenz:
- Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (CC BY 3.0 DE) http://creativecommons.org/licenses/by/3.0 de/legalcode. Bedingung für die Nutzung des Werkes ist die Angabe der Namen der Autoren und Herausgeber.
Technikexperten und Politiker sprechen unter dem Schlagwort 5G von einer kommenden Mobilfunkgeneration, die die Digitalisierung der Gesellschaft auf eine neue Stufe heben wird. So soll 5G etwa Industrie-Roboter miteinander vernetzen und mobilen Anwendungen der erweiterten Realität zum Durchbruch verhelfen. Für solche Anwendungen braucht es hohe Bandbreiten, eine Übertragung in Echtzeit und die Vernetzung einer großen Anzahl an smarten Dingen - alles natürlich drahtlos und sicher. All dies soll 5G bieten. Was bedeutet diese Vision technisch und politisch?
Mobilfunk der 5. Generation
Die Anforderungen an den Mobilfunk der Zukunft sind immens: An hohe Datenraten bei der Internet-Nutzung haben wir uns gewöhnt und fordern sie zunehmend auch bei der mobilen Nutzung ein (siehe Digitale Mobilität). Neben einer hohen Qualität bei guter Netzabdeckung erwarten wir sinkende Preise, auf jeden Fall im Verhältnis zur ständig steigenden Leistung. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Weiterentwicklung des Mobilfunks auf Basis der bestehenden Mobilfunkinfrastruktur erfolgt, was mit erheblichen Investitionen von Netzbetreibern und Anwendern verbunden ist.
Der Mobilfunk ist, wie jede Kommunikationsinfrastruktur, besonders auf die (weltweite) Standardisierung angewiesen. Etwa alle 10 Jahre wird eine neue Generation eingeführt. Nach dem Durchbruch bei der breiten Nutzung des Mobilfunks (insb. GSM) wurde um die Jahrtausendwende die dritte Mobilfunkgeneration (3G) mit der Einführung von UMTS ausgerollt. Um 2010 begann die Einführung von LTE (4G). Derzeit wird in Forschung und Entwicklung an der fünften Generation (5G) gearbeitet. Die Einführung der Technik ist um das Jahr 2020 geplant. Neben der steten Steigerung der Datenrate zeichnen sich die Mobilfunkgenerationen durch grundlegende Eigenschaften aus, um den jeweils aktuellen Anforderungen gerecht zu werden: Bei 3G war es die Einführung einer leistungsfähigen Paketübertragung zur mobilen Nutzung des Internets, bei 4G wurde diese Entwicklung unter anderem durch IP-Telefonie fortgeschrieben.
Für 5G ist die erste Phase der Standardisierung mit der Definition der Anforderungen abgeschlossen, jedoch sind konkrete technische Festlegungen noch nicht erfolgt. Die verfolgten Ziele sind ebenso ambitioniert, wie die Bedeutung von mobiler Nutzung und Vernetzung gestiegen ist. 5G soll eine hohe Systemkapazität ermöglichen, was sich als technischer Fortschritt gegenüber dem Status-quo ausdrücken lässt: Reduzierung der Verzögerungszeiten um den Faktor 5, Senkung des Energieverbrauchs um den Faktor 10, Steigerung der Datenrate um den Faktor 100, Erhöhung des Datenvolumens pro Fläche um den Faktor 1000 und Steigerung der Anzahl möglicher verbundener Geräte ebenfalls um den Faktor 1000. Damit gehen eine Spitzendatenrate von über 10 Gbit/s sowie eine garantierte Verfügbarkeit von 50 Mbit/s für einzelne Nutzer einher. Daneben sind aber auch Ziele zum wirtschaftlichen Aufbau und Betrieb der Mobilfunknetze wichtig, wie auch die netzweite Bereitstellung neuer Dienste innerhalb weniger Minuten. Mit der Umsetzung dieser Anforderungen sollen ganz neue mobile Anwendungen durch einen leistungsfähigeren drahtlosen Zugang zu Netzen möglich werden, der den festen, zukünftig vor allem glasfaserbasierten Internetanschluss komplementär ergänzt.
5G soll also aus technischer Sicht sehr unterschiedliche Anforderungen und damit auch Anwendungsbereiche gleichzeitig unterstützen: eine hohe Bandbreite für einzelne Nutzer, um etwa hochauflösende Videos ansehen zu können, Echtzeit-Fähigkeit, um beispielsweise erweiterte Realitäten erlebbar zu machen (siehe Digitaler Sport) oder Maschinen zu steuern, die Vernetzung einer hohen Anzahl verbundener Geräte (siehe Ambient World) wie Smartphones und vermehrt smarter Dinge (siehe Internet der Dinge), Unterstützung von Mobilität in verschiedenen Fahrzeugtypen und des Fahrzeugs selbst (siehe Sichere Fahrzeugkommunikation) sowie hohe Verfügbarkeit etwa für industrielle Anwendungen (siehe Industrie 4.0).
Begriffliche Verortung
Infrastruktur der Informationsgesellschaft
Die hohen Anforderungen haben erhebliche Auswirkungen auf die Systemarchitektur. Verborgen für die Anwender, bestimmt diese wesentlich die Eigenschaften und die Leistungsfähigkeit des Systems. Bei 5G wird die Virtualisierungstechnik eine wichtige Rolle spielen. Über sogenannte Netzscheiben (network slicing) werden von einem Mobilfunknetz gleichzeitig unterschiedliche Anwendungen unterstützt, die jeweils eigene virtuelle Verbindungen mit den für sie wichtigen Eigenschaften erhalten. Bei der Anforderung nach Echtzeitfähigkeit kommen allerdings alle Kommunikationssysteme an die physikalische Grenze der Lichtgeschwindigkeit. Soll etwa eine Maschine durch eine Steuerung in der Cloud kontrolliert werden, so muss bei sehr kurzen Reaktionszeiten die Cloud geografisch näher an die Maschine rücken. Bei 5G wird dieses Konzept als Mobile Edge Cloud bezeichnet. Bildlich gesprochen rückt die Cloud an den Rand des Mobilfunknetzes. In der Praxis wird dies eine komplexe Plattform zur Verteilung von Daten und Anwendungen erfordern. Daraus ergibt sich, dass zukünftige Kommunikationssysteme noch stärker Software-basiert sind, was ihre Flexibilität erhöht und Möglichkeiten zur Automatisierung für einen wirtschaftlichen Betrieb bietet.
Die Funktechnik bestimmt als Basis die Datenrate der Übertragung und damit einen wesentlichen Aspekt der Leistungsfähigkeit einer Mobilfunktechnik. Eine der dabei wesentlichen Herausforderungen lässt sich mit einer Analogie veranschaulichen: In einer überfüllten Küche finden verschiedene Partygespräche statt, was es erschwert, eine Unterhaltung zu führen. Alle nutzen den gleichen Raum und teilen sich den begrenzten Frequenzbereich der Stimmen. Erst eine Anpassung an die Situation und Optimierungen erlauben ein hohes Maß an gleichzeitiger Kommunikation. Über die Ausrichtung aufeinander können sich Gesprächspartner besser verstehen und andere Kommunikation ausblenden. Dazu gehört natürlich auch die Anpassung der eigenen Lautstärke an den allgemeinen Geräuschpegel. Idealerweise werden verschiedene Unterhaltungen in unterschiedlichen Sprachen geführt, wodurch wir uns gut auf unsere eigene Sprache konzentrieren können. Im Mobilfunk stehen diese Metaphern für die Antennentechnik und die Regelung von Sendeleistungen, um zur Minimierung von Störungen möglichst genau die Gegenstelle anzusprechen, sowie für die Verwendung optimaler Kodierungsverfahren zur Übertragung der Daten.
Derzeit wird 5G als eine wesentliche Infrastruktur der fortgeschrittenen Informationsgesellschaft gesehen. Deshalb drängt die Politik auf die Einhaltung der Planung einer zügigen Einführung ab dem Jahr 2020 in der EU. Japan und Südkorea wollen bereits etwas früher starten. Bisher existieren allerdings nur die Anforderungen und technische Vorentwicklungen, konkrete Standards werden ab dem Jahr 2018 erwartet. Auch werden umfangreiche Feldversuche notwendig sein. Trotzdem verbreitet sich 5G zunehmend als werbewirksames Schlagwort, mit dem ein Technologiesprung suggeriert werden soll. Für Nutzer zeigt sich die Entwicklung weniger aufgeregt: Mobilfunk-Standards werden in kleinen Schritten (Releases) mit untereinander abgestimmten Funktionen eingeführt. Dies ist schon alleine aufgrund des Umfangs der Infrastruktur und der Unterstützung unterschiedlichster Generationen von Mobilfunkgeräten erforderlich. Damit steigt die Leistung des Mobilfunks aus Nutzersicht eher kontinuierlich über die Zeit und wird von den normalen Austauschzyklen der Mobilgeräte begleitet. Die Vision 5G wird Jahre zur Umsetzung in den Netzen brauchen, und nicht alle Facetten werden sich erfolgreich durchsetzen.
Viel entscheidender sind die für den Endkunden unsichtbaren Weichenstellungen bei der Systemarchitektur: 5G ist ein Vorreiter für die Entwicklung und Nutzung Software-basierter Kommunikationstechnik und die Gestaltung von Kommunikationsdiensten auf Basis von Virtualisierung und Clouds (siehe Cloud-Computing). Aus der technischen Notwendigkeit geboren, stellen diese Technikkonzepte ein Mittel dar, mit denen Mobilfunkunternehmen ihre Wertschöpfung ausbauen können. Als reine Transporteure von Daten bieten sie einen Basisdienst, mit dem sie unter starkem Konkurrenzdruck stehen und nicht an Anwendungen verdienen können. Durch das Angebot von spezifischen Netzscheiben und verteilten Cloud-Infrastrukturen werden höherwertige Dienste möglich, die Wertschöpfung im Bereich der Anwendungen erlaubt. So wird 5G zu einem wichtigen Faktor bei den zukünftigen Verschiebungen der Marktmacht zwischen Telekommunikationsunternehmen, Anwendungsanbietern und Endkunden.
Themenkonjunkturen
Folgenabschätzung
Möglichkeiten
- Weitere Durchdringung mit und Verfügbarkeit von Informationstechnik
- Leistungsfähiger Baustein digitaler Infrastrukturen
- Trennung von Datenströmen zum Schutz und für mehr Qualität
- Infrastruktur für Produkte deutscher Schlüsselbranchen (bspw. industrielle Fertigung, Automobilindustrie)
- Unterstützung europäischer Hersteller und Anbieter von Mobilfunktechnik
Wagnisse
- Zunehmende Abhängigkeit von IT und Netzen
- Überbetonung drahtloser Kommunikation
- Unzweckmäßige Nutzung von Frequenzbereichen
- Umgehung von Internet und Netzneutralität durch Spezialdienste auf Netzscheiben
- Regulierung der Marktkonzentration bei Herstellern und Anbietern
- Sicherstellung von Innovation und Wettbewerb auf Mobilfunkplattformen
Handlungsräume
Bereitstellung von Frequenzbereichen und Infrastruktur
Leistungsfähiger Mobilfunk der Zukunft erfordert weitere, europaweit und international harmonisierte Frequenzbereiche und ist auf eine gute Infrastruktur zur Anbindung der Basisstationen mit Glasfaser-Anschlüssen angewiesen.
Weiterentwicklung von Netz- und Plattform-Regulierung
Auch bei höherwertigen und spezialisierten Kommunikationsdiensten muss ein Innovationswettbewerb gewährleistet sein. Die Herausforderung ergibt sich aus der Verschmelzung von Kommunikations- und Informationstechnik bei dynamischer Entwicklung neuer Anwendungen.
Förderung von Anwender-Testbeds
Kleine und mittlere Unternehmen, insbesondere auch aus traditionell eher IT-fernen Branchen, sollten früh die Möglichkeiten von 5G kennenlernen und Auswirkungen auf ihre Produkte und Geschäftsmodelle testen können.
Fortentwicklung von IT-Sicherheit
Die weitere Durchdringung aller Lebensbereiche mit IT und der Ausbau der wichtiger werdenden Mobilfunk-Infrastruktur erfordert eine permanente Weiterentwicklung der IT-Sicherheit in Bezug auf den Schutz der Daten und die Stabilität der Netzinfrastruktur (siehe auch Security by Design).