eGov-Campus-Ringvorlesung: Barrierefreie IT an Hochschulen
eGov-Campus-Ringvorlesung: Barrierefreie IT an Hochschulen
Information: Der eGov-Campus ist eine vom IT-Planungsrat geförderte Aus- und Weiterbildungsplattform zur Digitalisierung im öffentlichen Sektor. Das Projekt richtet sich an alle, die sich rund um die Themen E-Government und Verwaltungsinformatik weiterbilden möchten. In den Ringvorlesungen präsentieren verschiedene Expert:innen aus Wissenschaft und Lehre zentrale Fragestellungen rund um die Gestaltung des digitalen öffentlichen Sektors und bieten ihrem Publikum neue Perspektiven und Antworten an. Wir stellen Ihnen in unserer Reihe ausgewählte Vorlesungen vor.
Barrierefreie IT ist die uneingeschränkte Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Informationstechnik für alle Menschen. Das bedeutet, dass alle Menschen unabhängig von ihren technischen Fähigkeiten oder eventuellen Einschränkungen Zugang zur Informationstechnologie haben und diese nutzen können. Prof. Dr. Erdmuthe Meyer zu Bexten, Hessische Landesbeauftragte für Barrierefreie IT und Leiterin des Landeskompetenzzentrums für Barrierefreie IT (LBIT), gab den Interessierten des eGov-Campus in ihrem Vortrag »Digitale Barrierefreiheit – Teilhabe für alle« einen Überblick zu relevanten Fragestellungen, gesetzlichen Anforderungen und aktuellen Zielen dieses Themenbereichs.
In seinem Eröffnungsstatement betonte der Bundes-CIO und Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat Dr. Markus Richter die Dringlichkeit des Anliegens rund um digitale Barrierefreiheit und verdeutlichte die Tragweite des Themas. Dabei mahnte er an, Barrierefreiheit müsse bei neuen Digitalisierungsvorhaben von Anfang an mitgedacht werden, damit Fortschritte der digitalen Transformation nicht gegen die Teilhabe an der Gesellschaft ausgespielt werde könnten. Er betonte die klare Haltung, die der derzeitige Koalitionsvertrag beinhalte und verlieh seiner Hoffnung auf eine agile und konsequente Umsetzung dieser Ziele Ausdruck.
Prof. Meyer zu Bexten wies zu Beginn darauf hin, dass digitale Barrierefreiheit allen helfen könne. Nicht nur könne sie Teilhabe für Menschen mit Einschränkungen überhaupt ermöglichen, sondern auch die Usability von digitalen Angeboten für alle erhöhen. Die Europäische Union hat die Bedeutung einer barrierefreien IT erkannt und gesetzliche Vorschriften erlassen, um sicherzustellen, dass alle Menschen gleichberechtigten Zugang zur IT haben. Eine solche ist die EU-Richtlinie 2016/2102, die alle öffentlichen Einrichtungen dazu verpflichtet, barrierefreie Webseiten, Dokumente und mobile Anwendungen zu erstellen und einen Feedback-Mechanismus einzurichten.
Die Umsetzung dieser Richtlinie ist jedoch nicht ganz einfach. Sie erfordert eine Überwachungsmethodik und Berichterstattungsmodalitäten für die Mitgliedstaaten, um die Einhaltung zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die von ihnen geschaffenen digitalen Inhalte – beispielsweise auch im Zusammenhang mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) – für alle zugänglich sind, was eine sorgfältige Planung und Umsetzung erfordert.
Prof. Meyer zu Bexten wies außerdem auf die Arbeit des Landeskompetenzzentrums für barrierefreie IT in Hessen (LBIT) hin. Das Zentrum informiert und unterstützt öffentliche Einrichtungen, darunter auch Hochschulen, bei der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und der Schaffung barrierefreier IT. Ziel ist es, dass alle Menschen unabhängig von ihren Einschränkungen Zugang zur Informationstechnik haben und diese optimal nutzen können.
Ein weiteres Augenmerk ihrer Arbeit legt Prof. Meyer zu Bexten auf die Installation von ressortübergreifenden Ansprechpersonen für digitale Barrierefreiheit, damit selbige bei neuen Projekten konsequent und von Beginn an mitgedacht werden könne, wie auch Markus Richter in seiner Ansprache erwähnte. Abschließend stellte sie das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) vor, welches vorgibt, dass Produkte und Dienstleistungen auch aus der Privatwirtschaft zukünftig barrierefrei zur Verfügung gestellt werden müssen. Sie zeigte sich hoffnungsvoll, dass die bestehenden Herausforderungen von den verschiedenen Akteur:innen umgesetzt würden.
In der anschließenden Diskussionsrunde beantwortete Prof. Meyer zu Bexten noch einige Fragen der Studierenden des eGov-Campus. Dabei wies sie unter anderem auf den Mangel an Landesbeauftragten für barrierefreie IT in den meisten Bundesländern hin und erklärte, warum beispielsweise die weitverbreitete Nutzung von Captchas auf Webseiten für sie ein Problem darstelle. Zudem ging sie auf die Nachfrage ein, wie ältere Menschen in Zukunft mithilfe der Digitalisierung besser eingebunden werden könnten.
Download Vorlesungsfolien Ringvorlesung Digitale Barrierefreiheit
Der Vorlesungsplan sowie die vergangenen Sitzungen inklusive der Vorlesungsfolien sind für alle Interessierten frei zugänglich und können auf der Website des eGov-Campus eingesehen werden.
Weiterführendes von ÖFIT:
Wertebasierte Digitalisierung für nachhaltige Entwicklung im öffentlichen Sektor
Digitalisierung und Nachhaltigkeit stellen grundlegende strukturelle Transformationen dar, die zusammengedacht werden sollten. Um dies erfolgreich zu meistern, kann die öffentliche Hand digitale Technologien als Werkzeug zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen einsetzen. Gleichzeitig sollten digitale Technologien anhand von Nachhaltigkeitskriterien »in sich selbst« nachhaltiger gestaltet werden. Das White Paper präsentiert relevante Konzepte, Kriterien und Werkzeuge, welche die Nachhaltigkeitsbewertung von Digitalisierungsvorhaben erleichtern. Diese werden in einem »Nachhaltigkeits-Canvas« zusammengeführt, welches Akteur:innen aus dem öffentlichen Sektor bei der Umsetzung solcher Vorhaben unterstützen kann. Ergänzt wird das White Paper durch eine kommunale Praxisperspektive der Landeshauptstadt Kiel, die gemeinsam mit City & Bits erarbeitet wurde. Neben der Publikation kann ebenfalls das Nachhaltigkeits-Canvas als Poster heruntergeladen werden.
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Für mehr Barrierefreiheit in der digitalen Verwaltung - Organisationale Hürden und mögliche Maßnahmen
Die Kurzstudie trägt aus Literatur und Expert:inneninterviews organisationale Hürden und mögliche Maßnahmen für die Barrierefreiheit digitaler Verwaltungsangebote zusammen. Denn auch nach zwanzig Jahren gesetzlicher Vorschriften zur Barrierefreiheit in der Informationstechnik ist die Umsetzung trotz großer Fortschritte weiterhin lückenhaft. Hürden sind fehlendes Wissen zur Umsetzung, niedrige Priorisierung im Verwaltungsalltag sowie unklare und kaum konsequent durchgesetzte Regeln. Zur besseren Umsetzung sollten Kompetenzen aufgebaut, Bewusstsein geschaffen, Regeln durchgesetzt und Ressourcen bereitgestellt werden. Eine für Screenreader optimierte HTML-Version dieser Kurzstudie ist verfügbar unter:Für mehr Barrierefreiheit in der digitalen Verwaltung
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Einfach.Agil.Mobil
Digitale Verwaltungsleistungen sollten für möglichst viele Menschen einfach, intuitiv und erfolgreich nutzbar sein. Damit das gelingt, sollten sie nutzerzentriert gestaltet werden. Wie Sie dabei vorgehen können, welche Aspekte der Barrierearmut Sie berücksichtigen sollten, wie Sie einfach verständliche Texte formulieren und worauf bei der Entwicklung zu achten ist, haben wir gemeinsam mit dem Public Service Lab für Sie in einem Leitfaden zusammengestellt. Eine HTML-Version des Leitfadens ist verfügbar.
Zur PublikationVeröffentlicht: 05.06.2023