Immersion
Immersion
- Autorinnen / Autoren:
- Faruch Amini
- Zuletzt bearbeitet:
- Juli 2016
- Titel:
- Immersion
- Trendthema Nummer:
- 18
- Herausgeber:
- Kompetenzzentrum Öffentliche IT
- Titel der Gesamtausgabe
- ÖFIT-Trendschau: Öffentliche Informationstechnologie in der digitalisierten Gesellschaft
- Erscheinungsort:
- Berlin
- Autorinnen und Autoren der Gesamtausgabe:
- Mike Weber, Stephan Gauch, Faruch Amini, Tristan Kaiser, Jens Tiemann, Carsten Schmoll, Lutz Henckel, Gabriele Goldacker, Petra Hoepner, Nadja Menz, Maximilian Schmidt, Michael Stemmer, Florian Weigand, Christian Welzel, Jonas Pattberg, Nicole Opiela, Florian Friederici, Jan Gottschick, Jan Dennis Gumz, Fabian Manzke, Rudolf Roth, Dorian Grosch, Maximilian Gahntz, Hannes Wünsche, Simon Sebastian Hunt, Fabian Kirstein, Dunja Nofal, Basanta Thapa, Hüseyin Ugur Sagkal, Dorian Wachsmann, Michael Rothe, Oliver Schmidt, Jens Fromm
- URL:
- https://www.oeffentliche-it.de/-/immersion
- ISBN:
- 978-3-9816025-2-4
- Lizenz:
- Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (CC BY 3.0 DE) http://creativecommons.org/licenses/by/3.0 de/legalcode. Bedingung für die Nutzung des Werkes ist die Angabe der Namen der Autoren und Herausgeber.
Durch IT geschaffene Räume übernehmen Funktionen der analogen Welt und bieten darüber hinaus vollkommen neue: Erfahrungen und prägende Ereignisse lassen sich virtuell erleben. Die Persönlichkeit wird in Teilen in den Cyberspace verlagert und erweitert. Dadurch können Menschen vormals selbstverständliche Fertigkeiten verlieren und zugleich neue Kompetenzen aufbauen.
Freiräume für den Einzelnen
Anonymität und Gestaltbarkeit des Virtuellen eröffnet Freiräume für den Einzelnen. Nicht körperlich wahrnehmbar zu sein schafft einen hohen Grad an Ungebundenheit. Während sich natürliche Personen an Rollenmustern orientieren müssen und durch Erwartungen geleitet werden, erlaubt die Erschaffung virtueller Identitäten die Neujustierung von Freiheiten und Interaktionsformen. Zugleich sorgt die Programmierbarkeit der Umwelt für neuartige Erfahrungsmöglichkeiten. Hier kann zunächst jede und jeder ein Lebensexperte, eine phantasievolle Drachenjägerin oder Vorsitzender einer selbst gegründeten Loge sein. Dieses Erproben, bei dem die eigene Persönlichkeit auch in der virtuellen Welt verortet wird, wird als Immersion bezeichnet.
Immersion wurde oftmals bei der Einschätzung von Computerspielen diskutiert. Sowohl die detaillierte Nachbildung realer Welten, als auch die Differenz zum Alltäglichen können besonderen Reiz ausüben: Zauberkräfte und im Alltag wenig geübte Charaktereigenschaften lassen sich hier erleben. Mit der Allgegenwart IT-gestützter Kommunikationsmedien erhält die Frage der Auflösung der Persönlichkeit im Virtuellen eine neue Dimension. Dabei steht nicht mehr die phasenweise Ignoranz der Realwelt, sondern ihre permanente Brechung durch ergänzende oder zeitweise die gesamte Aufmerksamkeit absorbierende Kommunikationen im Mittelpunkt. Niederschwellige und preiswerte Kommunikationstools haben zu ihrer schnellen Diffusion beigetragen. Sogenannte Wearables können dieses Phänomen durch ubiquitäre Verfügbarkeit verstärken.
Begriffliche Verortung
Umstrittene Wirkung
Die Wirkungen sind umstritten. Die Freiheiten bieten gleichermaßen ein enormes Potenzial zur Persönlichkeitsentfaltung wie auch zur Flucht aus unliebsamen realen Welten. Eine anfangs gefürchtete Auflösung der Persönlichkeit im Virtuellen lässt sich nicht als Regelfall beobachten. Die Befreiung von psycho-sozialen, politisch-rechtlichen und kulturellen Regeln und Zwängen bleibt in der Regel eine graduelle und zeitlich befristete.
Sie erlaubt eine gezielte Auswahl von Interaktionspartnern, eine gerichtete Selbstdarstellung und das Sammeln neuer Erfahrungen. So werden Fertigkeiten ausgebildet, die sich in der analogen Welt nicht oder nicht ebenso einfach erwerben lassen. Der gesellschaftliche Nutzen dieser Fertigkeiten offenbart sich allerdings nicht immer, zumal Immersion zu einer Schwächung territorialer und nationaler Kultur beitragen kann.
Themenkonjukturen
Folgenabschätzung
Möglichkeiten
- Kontextualisierung – etwa in Spielen – schafft Opportunitäten für einfache und schnelle Kommunikation rund um den Globus
- Neuartige Erlebniswelten mit geringen Zugangskosten
- Individuelle Gestaltbarkeit von Räumen
- Nivellierung von Ungleichheiten insbesondere hinsichtlich körperlicher, aber auch sozialer Aspekte
- Neue Wege im Bereich der Cyber-Therapie und anderer Lebenshilfen
Wagnisse
- Schwächung der Bindewirkung nationaler Kulturräume zugunsten lokaler, globaler und virtueller Welten
- Abschwächung und Verlust alter Formen sozialer Interaktion und persönlicher Fertigkeiten
- Konformität durch übertragene alte und neue Formen der Vermachtung oder Überindividualisierung
- Persönlichkeitsverlust durch langfristigen Realitätsflucht
- Möglicher Verlust der Fähigkeit zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden
Handlungsräume
Schutz vor Missbrauch
Wenn menschliche Erlebnisse programmierbar werden, dann bestehen beträchtliche Manipulationsmöglichkeiten, deren sich die Manipulierten nicht notwendig bewusst werden. Entsprechend wichtig ist es, Eingriffsoptionen im Rahmen der beschränkten Möglichkeiten aufrecht zu erhalten und auszubauen.
Medienkompetenz
Der Schlüssel für die verantwortungsvolle Nutzung liegt in der Ausbildung einer zeitgemäßen Medienkompetenz. Hierfür bedarf es didaktischer Konzepte für Schule und Erwachsenenbildung, durch die Möglichkeiten gleichberechtigt zu Wagnissen vermittelt werden.
Öffentliche Angebote
Die Möglichkeiten gilt es positiv zu nutzen und erwünschte, etwa therapeutische Angebote angemessen zu fördern. Insbesondere die spielerische Vermittlung komplexer Strukturen kann als Stärke etwa von Computerspielen in Bildung und medialer Vermittlung eingesetzt werden