Deutschland-Index der Digitalisierung: Entwicklung des Breitbandausbaus 2024
Deutschland-Index der Digitalisierung: Entwicklung des Breitbandausbaus 2024
Von Jens Tiemann
Digitalisierung lässt sich nicht über Nacht bewerkstelligen. Gerade für den Infrastrukturausbau braucht es für bestimmte Ausbaustufen einen langen Atem. Umso wichtiger ist es, die Entwicklung engmaschig zu verfolgen. Seit dem letztjährigen Deutschland-Index der Digitalisierung analysieren wir die Fortschritte im Laufe der Zeit anhand von drei Indikatoren, die in politischen Diskussionen und Strategien eine wichtige Rolle spiel(t)en – und für die auch die Daten im Breitbandatlas zur Verfügung gestellt werden:
- »Breitbandziel« aus der Digitalen Agenda 2014 – 2017 von August 2014: »Das Ziel der Bundesregierung ist es, dass mittels eines effizienten Technologiemix eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur mit einer Downloadgeschwindigkeit von mind. 50 Mbit/s bis 2018 entsteht.«
- »Gigabitziel« aus der Rahmenregelung zur Unterstützung des flächendeckenden Aufbaus von Gigabitnetzen von 2020: »Ziel ist, den flächendeckenden Ausbau mit Gigabitnetzen bis 2025 zu erreichen«.
- »Glasfaserziel« aus der Gigabitstrategie der Bundesregierung von Juli 2022 zum Netzausbau: »Bis 2025 sollen mindestens 50 Prozent aller Haushalte einen Glasfaseranschluss haben.«
Die Betrachtung von Breitbandübertragungsraten bei 50 Mbit/s und 1 Gbit/s sowie des Glasfaserausbaus liefern eine aussagekräftige Grundlage für die Analyse der digitalen Infrastruktur. Die gewählten Datenraten sind technisch sinnvoll und repräsentieren wichtige Entwicklungsstufen. 50 Mbit/s bildet die untere Grenze, die in Mehrpersonenhaushalten oder kleinen Büros eine noch komfortable Nutzung von Internetdiensten ermöglicht. Gerade im Kontrast zur von der Bundesnetzagentur festgelegten Grundversorgung von derzeit 10 Mbit/s (Download-Geschwindigkeit, Upload 1,7 Mbit/s), die typischerweise über DSL oder auch Mobilfunktechniken erreicht werden kann, zeigen sich diese Komfortvorteile leistungsfähiger Breitbandinfrastruktur. Spätestens vor dem Hintergrund geringer Upload-Geschwindigkeit bei vermehrter Nutzung von Videokonferenzen werden aber auch heute schon die Grenzen des bisherigen Ausbaustandes deutlich. 1 Gbit/s steht für moderne Infrastruktur, die die Möglichkeiten der DSL-Techniken übersteigt und Breitbandkabel oder Glasfaser erfordert. Speziell Glasfaser stellt ein zukunftsfähiges Medium dar, das im Anschlussbereich nicht geteilt werden muss sowie störungsarm und darüber hinaus auch energieeffizient arbeitet. Dank ihrer hohen Skalierbarkeit bietet Glasfaser langfristige Perspektiven bei steigendem Bandbreitenbedarf oder verändertem Nutzungsverhalten vor Ort.
Stand des Infrastrukturausbaus
Abbildung 1 vergleicht die genannten Ausbauziele mit dem jeweiligen Stand des Ausbaus. Der obere, dunkle Verlauf für 50 Mbit/s zeigt, wie langwierig sich der Ausbau der Breitbandversorgung gestaltete. Trotz der bereits damals laufenden Diskussionen zur Digitalisierung und zu Netzinfrastrukturen konnte das für 2018 anvisierte Ziel bis heute nicht vollständig erreicht werden. Der im Vergleich dazu stärkere Anstieg der Versorgung mit Gigabit-Geschwindigkeit (mittlerer Verlauf) zwischen 2018 und 2020 ist vor allem auf die Ertüchtigung der Kabelnetze zurückzuführen. Der weitere Ausbau des Gigabit-Netzes wird deutlich stärker vom Glasfaserausbau (unterer, heller Verlauf) getragen. Auch dieser vollzog sich zunächst so schleppend, dass das Erreichen des Gigabitziels fraglich schien. Inzwischen zeigt sich, dass der Glasfaserausbau seit 2022 Fahrt aufgenommen hat. Diese Entwicklung lässt sich auch anekdotisch in einigen Orten anhand der Presseberichte oder vermehrter Bautätigkeit bestätigen. Während beim »Breitbandziel« von 50 Mbit/s ein Maximum mit der Annäherung an den vollständigen Ausbau zu beobachten ist, scheint das »Glasfaserziel« erreichbar, wenn der Glasfaserausbau wie in den letzten Jahren voranschreitet.
Glasfaserausbau im regionalen Vergleich
Der Deutschland-Index vergleicht die Länder miteinander. Die Stadtstaaten nehmen bei der Infrastruktur eine Sonderstellung ein und belegen als Agglomerationsräume Spitzenplätze. Beim Glasfaserausbau zeigt sich jedoch ein anderes Bild (siehe die linke Tabelle in Abbildung 2): Nur Hamburg liegt an der Spitze. Auffällig ist, dass besonders nördliche Länder über dem Bundesschnitt liegen. Schleswig-Holstein kann fast zu Hamburg aufschließen, während Länder mit bekannten Industrieregionen durchweg unter dem Schnitt bleiben. Insgesamt lassen sich Strukturen, die in den alten Ausbaustufen beobachtbar waren, nicht wiederfinden. So zeigen die Daten insbesondere keinen klaren Ost-West-Unterschied. Da die Konsolidierung der Datenerhebung des Breitbandatlas erst jetzt abgeschlossen ist, kann zwar die Aussage zum Stand in den Ländern als valide angesehen werden, eine zeitliche Entwicklung lässt sich aber noch nicht ablesen.
Seit Mitte 2022 sind über die Werte für die Bundesländer hinaus auch die Einzelwerte für die ca. 11.000 Kommunen Deutschlands als Datentabelle veröffentlicht worden. Diese Zahlen machen detailliertere Untersuchungen zur Verfügbarkeit von Infrastrukturen möglich. Bereits ein Blick auf die Kartendarstellungen im Breitbandatlas zeigte schon früh große regionale Unterschiede, wie im Titelbild am Beispiel der Glasfaserverfügbarkeit für Haushalte der Gemeinden im Dreieck Göttingen – Mühlhausen/Thüringen – Kassel exemplarisch zu sehen ist.
Beim Glasfaserausbau lässt sich auch kein durchgängiger Gegensatz zwischen Stadt und Land ausfindig machen. Es gibt durchaus Großstädte, die bei der Glasfaserversorgung weit unter dem bundesdeutschen Durchschnitt liegen. Die rechte Tabelle in Abbildung 2 zeigt die großen Unterschiede bei der Verfügbarkeit von Glasfaser für Haushalte in 10 großen Städten. Die wesentliche Ursache für den unterschiedlichen Stand beim Glasfaserausbau sind die langjährigen Aktivitäten von Stadtwerken und anderen Festnetzwettbewerbern, während die Deutsche Telekom vor allem DSL-Anschlüsse vermarktete. Zwar baute die Telekom dazu Glasfaser bis zu den Kabelverzweigern aus (»graue Kästen« in den Straßen, im Breitbandatlas zu finden unter der Bezeichnung FTTC oder Fiber to the curb), was auch zur guten Verfügbarkeit schneller DSL-Anschlüsse beitrug, aber erst 2021 wurde mit einer neuen Strategie der Ausbau von Glasfaseranschlüssen für Haushalte (FTTH/B, Fiber to the home/bulding) verstärkt. Auch hier zeigt sich wieder der lange Atem, den es beim Infrastrukturausbau braucht.
Herausforderungen beim Glasfaserausbau
Der Glasfaserausbau in Deutschland schreitet voran, jedoch gibt es unterschiedliche Indikatoren, um den Fortschritt zu bewerten. Während der Breitbandatlas die grundsätzliche Verfügbarkeit von Internetzugängen darstellt, bietet die jährliche Marktanalyse des Branchenverbands Breitbandkommunikation e. V. (BREKO) zusätzlich auch Informationen über die tatsächliche Nutzung von Glasfaserzugängen. Der BREKO vertritt mit seinen Mitgliedsunternehmen den Großteil der deutschen Festnetzwettbewerber und betont den Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt.
Die aktuelle BREKO-Marktanalyse 2024 bestätigt den Fortschritt des Glasfaserausbaus in Deutschland. Es wird eine Ausbauquote von 43,2 % Mitte 2024 genannt, womit auch laut diesem Bericht das Ziel von 50 % bis 2025 erreichbar scheint. Allerdings zeigt die Analyse eine interessante Diskrepanz: Während die Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen steigt, nutzt nur rund ein Viertel der insgesamt angeschlossenen Haushalte tatsächlich Glasfaser. Die Marktanalyse unterscheidet drei Indikatoren: die Glasfaserausbauquote (43,2 % Homes Passed, die Infrastruktur liegt in der Straße und Haushalte sind anschließbar), die Glasfaseranschlussquote (22,8 % Homes Connected, Haushalte verfügen über einen Glasfaseranschluss) und den Anteil der Haushalte, die den Glasfaseranschluss nutzen (26% Homes Activated).
Die Nutzung der Glasfaser wird wichtiger
Die detaillierte Betrachtung verdeutlicht, dass der Ausbau der Infrastruktur nur ein Teil der digitalen Transformation ist. Es bedarf weiterer Anstrengungen, um die Vorteile von Glasfaserverbindungen den potenziellen Nutzern näherzubringen und die Wechselbereitschaft zu erhöhen. Die Herausforderung liegt also nicht nur im technischen Ausbau, sondern auch in der Förderung der tatsächlichen Nutzung und damit der Stimulierung eines auch wirtschaftlich tragfähigen Ausbaus.
Dieser Beitrag beschreibt den Stand und die Entwicklung der Infrastruktur, ohne auf die politischen Forderungen der Wettbewerber im Telekommunikationsmarkt einzugehen. Der typische Verlauf des Infrastrukturausbaus zeigt als grundsätzliche Herausforderung, dass der Ausbau lange dauert und mit der Zeit schwieriger wird, besonders in abgelegenen Regionen (siehe auch den obige 50 Mbit/s-Verlauf).
Die Nutzung von Glasfaseranschlüssen hängt von den wahrgenommenen Vorteilen ab. Direkte Vorteile wie die Qualität bei Streaming oder Videokommunikation und indirekte Vorteile wie die Wertsteigerung einer Immobilie können die Nutzung steigern. In den nächsten Jahren ist es weiterhin wichtig, diese Vorteile klar zu kommunizieren, um den Wechsel zu Glasfaseranschlüssen zu fördern.
Die Perspektive, wie diese Infrastruktur genutzt wird, wird also wichtiger. Die »Breitbandmessung« erfasst die konkreten Erfahrungen mit Internetanschlüssen. Durch die Breitbandmessung können Nutzende die tatsächliche Leistungsfähigkeit ihres Anschlusses überprüfen und mit den Erfahrungen in ihrer Nachbarschaft vergleichen. Gleichzeitig entsteht dadurch im Gigabit-Grundbuch, dem Datenportal der digitalen Infrastrukturen in Deutschland, eine allgemeine Übersicht zum Stand der Infrastruktur aus der Perspektive der Nutzung.
Weiterführendes von ÖFIT:
Deutschland-Index Interaktiv
Der Deutschland-Index der Digitalisierung untersucht regelmäßig mittels umfangreicher statistischer Analysen den Stand der Digitalisierung in Deutschland in regionaler Perspektive. In einer interaktiven Onlineversion auf unserer Webseite wird der Deutschland-Index intuitiv erlebbar. Mithilfe unseres Onlinewerkzeugs können die Indikatoren zu jedem Themenfeld anhand der Deutschlandkarte visuell aufbereitet und in Beziehung gesetzt werden. Alle Index-Ergebnisse lassen sich vergleichen mit den Indizes der Vorjahre.
(Wie) Funktioniert die Funkloch-App?
Berlin, 18.11.2019: Ein Jahr nach dem Erscheinen der Funkloch-App der Bundesnetzagentur sind nun erstmals Ergebnisse veröffentlicht worden. Wir haben unsere früheren Messungen mit der Funkloch-App in den Ergebnissen nachvollzogen und in der veröffentlichten Karte nach Funklöchern gesucht.
Veröffentlicht: 02.10.2024